Montag, 23. Juli 2012

Die letzten 3 Tage: Da isser der Pazifik!

Samstag, 21.07.2012


Nachdem Portland heute Nachmittag von strahlend blauem Himmel überdeckt wird, unternehme ich eine Biketour nach Downtown und zum Washington Park. Aufgrund der vielen Radspuren ist es fast schon ein echter Genuss in der Stadt Fahrrad zu fahren. Da es zum Washington Park ziemlich steil hinauf geht, nehme ich für eine Station die "S-Bahn" und dann den Aufzug, der mich direkt im Washington Park ausspuckt.


Da es Wochenende ist, bin ich hier natürlich nicht alleine. Somit teile ich mir mit allerhand Gleichgesinnten, die Sehenswürdigkeiten und Ausblicke auf Downtown Portland und Mt. Hood.
Abends gibt's dann wieder lecker Dinner von Lauren. Homemade Pizza und Eis, delicious! :-)

          



Sonntag, 22.07.2012

EIgentlich wollte ich um 8 Uhr los, doch ich habe mal richtig verpennt. Es schläft sich wirklich gut im Hause Le. Nach einem leckeren Kaffee geht's gegen 10 Uhr in Richtung Pacific City. Doch erstmal muß ich aus er der Portland Area rauskommen, was mir nach ein paar Umwegen schließlich auch gelingt. Im Vergleich zu den letzten Wochen ist es heute ziemlich frostig. Die Sonne versteckt sich und ich muß sogar mit Jacke fahren. Hatte ja schon fast vergessen, dass ich auch solche Kleidungsstücke dabei habe. Der weitere Weg verläuft unspektakulär. In McMinnville miete ich mich in ein Motel ein, um mich auf den morgigen Tag vorzubereiten: Meine Ankunft am Pazifik.


Montg, 23.07.2012

Da ist er, der letzte Tag. Heute werde ich meine Füße in den Pazifik halte und hoffen, dass ich damit nicht ein Fischsterben auslöse. Obwohl, wenn die verseuchte Suppe aus Japan schon hierüber geschwappt ist, kommt's darauf auch nicht mehr an.

Im Übernachtungspreis inbegriffen ist wieder einmal ein Continental Breakfast mit vielen Kalorien, jedoch wenig Brennwert. Gibt eigentlich keine Kraft.
Hank, der mich seinerzeit bei meiner Ankunft in Newark am Flughafen abholte, erklärte mir damals, anhand eines Lagerfeuers, seine Sicht der Dinge: Es gibt gute und schlechte Lebensmittel. Schlecht sind beispielsweise Doughnuts und dieses ganze Zuckerzeugs und gut sind dagegen Nüsse. Zucker kann man sich wie ein Blatt Papier vorstellen. Wirft man dieses ins Feuer, so brennt es zwar unmittelbar ziemlich hell, doch schenkt es einem nur für sehr kurze Dauer ein wenig Wärme. Nüsse sind dagegen solide, also so wie gutes Holz. Das wirfst man ins Feuer und es spendet einem für lange Zeit Wärme. Ich fand das damals sehr passend, doch merke ich gerade, dass das eigentlich gar nichts zur Sache tut. Also zurück zum eigentlichen Thema.

An sich wollte ich noch eine theadralische Story vom Stapel lassen, wie ich mich mit meinem angeschlagenen Knie und letzter Kraft, quasi heldenhaft über die Bergkette kämpfe. Doch dann bleiben doch tatsächlich einfach die erwarteten Steigungen aus, was ich natürlich nicht als schlimm empfinde. Ich habe also einen relativ entspannten Ritt über einige Hügel.

Kurz vor Pacific City wird es Zeit, die richtige Musik auf's Ohr zu legen, um die Ankunft am Pazifik auch entsprechend zu zelebrieren. Monumental wie der Moment für mich sein soll, lege ich passend dazu Tobi Sammet's Metal Epos "Avantasia" in meinen Walkman und cruise breit grinsend und etwas stolz durch Pacific City. Jolly hält es auch nicht mehr auf seinem Platz. Mit stolz geschwellter Brust steht er in seiner weit aufgeklappten Lenkertasche und winkt wie die Queen von England Jedem zu, den wir in einem Abstand von 10 Metern passieren. Als ob das nicht reichen würde, skandiert er in gut deutscher Mannier auch noch "So seh'n Sieger aus, Schaalallaalallaah!" und "Ohne Jolly wär hier gar nix los!". Ich will ihm seine gute Laune ja nur ungern ruinieren, doch als wir schließlich in den Dünen des Bob Straub Stateparks ankommen, bitte ich ihn, ein wenig diskreter zu sein. Seinen kleinen Seitenhieb "Spießer" überhöre ich einfach.

Da ist er, der Pazifik! Doch enden soll die Story erst im Meer. Also schnalle ich die Packtaschen ab und wuchte mein Gefährt die Dünen hinunter ans Meer. Ein freundlicher Mister hält diesen Moment für mich fest.
Eigentlich wollte ich nur das Vorrad etwas ins Meer dippen, werde dabei jedoch komplett umspült. Doch das juckt nun auch nicht mehr.
Wir sind da! Angekommen am Pazifik! 68 Tage sind seit unserem Start bei Hilary und Hank am 17.05.2012 vergangen. Über 6000 Kilometer quer durch den gesamten Kontinent, davon knapp 4000 Kilometer mit meinem weißen Zweirad, waren Jolly und ich unterwegs und haben dabei 4 Zeitzonen durchquert.

Jolly und ich sitzen noch einige Zeit in den Dünen und genießen schweigend das Meer, bevor wir zum Whalen Island Campground fahren und unser Zelt aufschlagen. Den morgigen Tag werden wir noch an der Küste verbringen, bevor wir am Mittwoch den Bus zurück nach Portland nehmen. Arbeit wartet dort. Wir müssen das Fahrrad sicher und günstig wieder nach Deutschland verschiffen. Doch wir haben tatkräftige Unterstützung. Vielen Dank Lauren & David für die Hilfe und dass wir so lange bei Euch wohnen dürfen. Ohne Euch hätten wir wohl deutlich mehr Arbeit.

Ich könnte jetzt schreiben, wie traurig es ist, dass der Trip nun vorbei ist. Doch das bin ich nicht. Ich bin nicht traurig. Ich bin dankbar für die Möglichkeit dieses Abenteuers, den Leuten die mich unterstützt haben und dankbar mir selber, dass ich's durchgezogen habe.
Ein extra Dank gilt natürlich meinem treuen Begleiter und Kumpel Jolly ohne den so mancher Abend am Lagerfeuer recht einsam gewesen wäre.

Da unser Campground sehr idyllisch liegt, bietet er das ideale Umfeld, für einen würdigen letzten Tourabend. Zwar liegt er nicht direkt am Meer, dafür an einem kleinen See, der mit dem Meer verbunden ist. Dort finden wir eine ruhige Stelle und genießen einen traumhaften Sonnenuntergang.
Natürlich machen wir auch nochmal ein standesgemäßes Lagerfeuer und blicken auf unsere gemeinsame Zeit zurück. Zur Feier des Tages erlaubt mir Jolly sogar ein Coors Light.
Life's good! :-)

Das war's von uns. Kurz und schmerzlos sagen wir an dieser Stelle vorerst: bye and cheerz!

Jolly und Olli




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Freitag, 20. Juli 2012

Die letzten 4 Tage: Portland, but the story ain't over

Dienstag, 17.07.2012

Sunset am Columbia River
Hätte ich mal den Tipp von James beherzigt und mir die Ohrenstöpsel reingedrückt. Habe das Gefühl, die Züge fahren direkt durch mein Zelt. In Amerika müssen die Lokführer vor jedem Bahnübergang viermal die Sirene betätigen. Und die Jungs zelebrieren diese Pflicht. Da wird nicht viermal kurz gehupt, nein! Das muss ja auch wirklich jeder mitkrigen, dass da ein Zug fährt. Boah! Frage mich was das soll. Die Schranken sind doch geschlossen. Außerdem hört man den Zug auch ohne Sirene schon meilenweit. Da helfen echt nur noch Entspannungsübungen


Unser kostenloses Campingplätzchen

Zu allem Überluss werde ich kurz nach Mitternacht auch noch vom Regen geweckt. Regen?
Komischer Regen, der nur alle 40 Sekunden mal das Zelt trifft. Ich frage Jolly was er davon hält, doch bekomme keine Antwort. Seinen Schlaf müsste man haben.
Ich Held habe das Zelt wohl zu nah an der Sprinkleranlage aufgestellt, die hier um Mitternacht für eine Stunde anspringt. Daher darf ich nun hier liegen und den lustigen Wasserspielen lauschen.
Leicht zerknittert geselle ich mich gegen halb 7 noch zu eine Tasse Kaffee zu James & Teri und genieße anschließend noch für einige Zeit den Columbia River.

Malerische Strecke
Ross, mein heutiger Warmshower Host in Hood River hat mir gestern noch gemailt, dass ich ab The Dalles unbedingt den alten Columbia River Highway fahren soll. Der wäre zwar ein wenig hügeliger, doch schöner zu fahren, als die Interstate.
Bis nach The Dalles fahre ich noch Interstate, die hier jedoch traumhaft verläuft. Links schroffe Abbruchkanten und rechts der Columbia River. Außerdem wandle ich hier auf den Spuren von Lewis & Clark. Also wieder einmal auf historischen Spuren unterwegs.


Der Mt. Hood aus östlicher Richtung
Und irgendwann taucht er imposant vor mir auf: der Mt. Hood. Mit 3425 Metern ist er der höchste Berg Oregons. Und wie man sieht, ist dort das ganze Jahr Skisaison.

(Fast) Kein Ritt auf der Interstate ohne einen Platten. Weshalb sollte das heute anders sein. Kurz vor The Dalles fange mir doch tatsächlich noch ein prächtiges Stück Draht in meinem Vorderreifen ein. Da meine Abfahrt von der Autobahn jedoch nicht weit entfernt ist, lasse ich den Draht stecken und humple bis zu einer Tankstelle, wo ich mich mal wieder ans Reifen wechseln mache. Der Draht war für den "Green Slime" wohl zu dick, anders kann ich mir das Versagen des Wunderkleisters nicht erklären.

Der Beginn des Scenic Byway
Offensichtlich habe ich beim Reifenwechsel nicht gründlich genug den Mantel abgesucht, denn bereits einige Kilometer später wird es schon wieder schwammig auf der Vorderachse. Das darf doch wirklich nicht war sein! So langsam verliere ich die Lust an diesem Spiel. Da der Reifen jedoch nur langsam die Luft von sich gibt und Hood River nicht allzuweit entfernt ist, entscheide ich weiterzufahren und alle paar Kilometer wieder aufzupumpen. Leider ist Entfernung relativ, vor allem in einer bergigen Region. Was eine Odysee.



Wir haben Spaß
Ron hat nicht zu viel versprochen. Der alte Columbia River Highway ist wirklich deutlich schöner als die Interstate und auch deutlich bergiger. Als Teilinvalide mit halb aufgepumpten Reifen erfordert die Strecke jedoch erhöhte Kraftanstrengung. Was bin ich froh, dass sich die Sonne hinter Wolken versteckt.
Immer wieder werde ich von Rennradfahrern überholt. Komme mir vor wie ein alter Unimog, der voll beladen und nur auf 3 Töpfen den Berg hochrobbt, während er von schnittigen Sportwagen überrundet wird. Ich schiebe diese lächerliche Metapher jedoch unmittelbar wieder zu Seite, denn dieser Vergleich hinkt! Mein Ego nimmt daran also keinen Schaden.

Ross wohnt mit seiner Tochter in einer ruhigen Gegend von Hood River. Schön gelegen und ein sehr geräumiges Haus. Ich bekomme sogar meine eigene Garagenwohnung. Traumhaft.
Zu dritt fahren wir noch einkaufen. Unterwegs halten wir bei einem Freund von Ross, der zusammen mit seiner Frau einen Mediterranen Laden betreibt. Zu meiner Überraschung stellt sich heraus, dass es Deutsche sind. Vor über 10 Jahren sind sie aus Garmisch-Partenkirchen hierher ausgewandert. Nebenbei erfahre ich, dass es in Hood River sogar sowas wie eine deutsche Community gibt.
Zum Tagesabschluss zaubert uns Ross noch lekckere Pasta, bevor ich mich in mein Reich verabschiede und ziemlich gerädert in die Waagerechte gehe.


Mittwoch, 18.07.2012

Ross hat mir gestern bereits angeboten, dass ich gerne einen weiteren Tag hier bleiben kann. Und da mein Rad ja eine kleine Generalüberholung benötigt, nehme ich das Angebot gerne an.


Donnerstag, 19.07.2012

Frühstück am Herman Creek
Die letzte Etappe, bevor ich in Troutdale, vor den Toren von Portland, noch einmal Quartier beziehe. Bei einem Kaffee verabschiede ich mich von Ross, der mir noch ein Breakfast Burrito mit auf den Weg gibt. Thanks a lot Ross! I enjoyed the stay at your home and your delicious meals. :-)

Zunächst geht es wieder ein paar Meilen auf die Interstate, bevor ich erneut auf den alten Columbia Highway abbiege, wo drei schöne Wasserfälle auf mich warten.


Beim ersten bin ich noch gänzlich ungestört, was auch nicht weiter verwunderlich ist, denn dieser Teil Scenic Byway ist nur für Fahrräder und Fußgänger freigegeben. Von Wasserfall kann man jedoch eigentlich nicht reden. Dafür ist es sehr idyllisch, weswegen ich auch ein bischen Zeit hier verbringe. Alles ist extrem grün, Farne wachsen zwischen den Bäumen und Moos hängt an Steinen und Bäumen, was darauf hindeutet, dass es in diesem Teil von Oregon hin und wieder mal regnet. Der Stopp gibt mir die Gelegenheit, mal mein Stativ auszupacken, was ich bereits tausende von Kilometern quer durch's Land geschleppt habe. So kann ich mal ein wenig mit der Belichtungszeit spielen.



Bei meiner Weiterfahrt staune ich nicht schlecht, als mir plötzlich ein Treppenaufgang in den Weg springt. Was soll das denn bitte? Hier war wohl jemand zu faul, einen Weg zu bauen! Da ich mich von sowas doch nicht aufhalten lässt, wuchte ich mein Reisegerät die Treppe hoch. Gütigerweise haben sie eine Rinne für die Fahrradreifen vorgesehen, was das Unterfangen etwas erleichtert.


Die Horsetail Falls
Bei den zweiten Fällen, den Horsetail Falls, ist schon ein wenig mehr Rummel, allerdings noch überschaubar.
Bei den dritten und wohl berühmtesten Fällen, den Multnomah Falls, ist dann jedoch so viel Andrang, dass kein Parkplatz zu bekommen ist, was mich ja nicht weiter stört. Allerdings sind die Pilgerfahrten hier überhaupt nicht meine Welt. Leider bin ich auch zu falschen Tageszeit hier, sodass die Fälle im Schatten liegen.
Naturgemäß halte ich mich nicht übermäßig lange hier auf, sondern nehme die letzten Meilen bis nach Troutdale unter die Räder, wo ich im örtlichen "Jack in the box" meinen Kalorienhaushalt ins Gleichgewicht schieße.


               


Freitag, 20.07.2012

Von Troutdale sind es nur noch wenige Meilen bis zu David & Lauren. Da das hier schon der Großraum Portland ist, fahre ich nur noch durch bewohntes Gebiet. Das ist in Portland jedoch nicht schwierig, immerhin bin ich in der fahrradfreundlichsten Stadt der USA. So gibt es hier also jede Menge Biketrails und gekennzeichnete Fahrspuren für Radfahrer, was die ganze Sache natürlich erheblich erleichtert.

Da die Beiden noch nicht zu hause sind, haben sie mir den Schlüssel unter die Fußmatte gelegt und in der Küche einen "Welcome Oliver" Zettel hinterlassen. :-)
Schon ziemlich ungewohnt, sich in einem fremden Haus aufzuhalten, wenn die Besitzer noch nicht mal da sind. Ich finde, daran erkennt man aber, was ich für ein vertrauenswürdiges Individuum bin! Bin mal gespannt, ob ein Nachbar die Cops verständigt...

Abends zaubert Lauren noch ein wahrhaft leckeres Dinner und wir schmieden Pläne, wie wir mein Bike einfach und kostengünstig nach Deutschland kriegen. Die Hilfsbereitschaft ist wirklich unglaublich. Morgen werde ich ne Runde durch Downtown Portland drehen und am Sonntag beginnt dann endgültig der letzte Teil der Reise.



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Montag, 16. Juli 2012

Die letzten 5 Tage: Flat tires

Donnerstag, 12.07.2012

Da mein Knie einfach keine Ruhe geben will, haben wir gestern beschlossen, dass Ann & Chuck mir heute noch etwas "Starthilfe" geben; bzw. Ann hat mir das nahe gelegt. ;-) Meine ursprünglich geplante Route quer durch Oregon, hält sie für zu schwierig und vor allem, für zu heiß. Ich solle lieber entlang des Columbia River bis Portland fahren, da es dort deutlich weniger hügelig ist und es angenehmere Temperaturen hat. Das ist schon ein wenig frustrierend. Für so lange Zeit hatte ich mit dem Knie keine Probleme, dafür nun umso mehr. Letztendlich sehe ich es ein wenig gefrustet ein und stimme der Starthilfe zu.

Wir beladen den Wagen und die Beiden fahren mich von Boise nach Pendleton in Oregon. In Baker City halten wir zwischenzeitlich bei einer Art Museum über den Oregon Trail, der direkt hier entlang führt. Toll gemacht und gute Informationen über die damaligen Gegebenheiten und Strapazen, denen sich die Siedler ausgesetzt haben. In Pendleton angekommen werde ich bei einem Motel 6 abgeladen. Anschließend gehen wir in Downtown Pendleton noch einen saftigen Burger essen, bevor die Beiden die Rückreise antreten. Die von Ann prophezeiten kühlerern Temperaturen müssen wohl noch unterwegs sein, denn irgendwie ist es hier heißer als in Boise. ;-)

Was soll ich sagen: Viele vielen Dank Ann & Chuck, sowohl für die tolle Gastfreundschaft, als auch für die Fahrt. Ich sehe es zwar ein, dass es für das Knie besser ist, doch so richtig toll fühle ich mich nicht. Ich wollte das aus eigener Kraft schaffen! ;-) Auf jeden Fall hoffe ich, dass wir uns wiedersehen!

Den Rest des Tages verbringe ich damit, meinen Ärger über mein Knie zu unterdrücken und meine weitere Strecke zu planen. Bis Portland sind es nun etwa 350 Kilometer, bis zur Küste nochmal weitere rund 150 Kilometer. Eigentlich sollte Portland mein Ziel sein, doch dadurch, dass ich nun vor dem Zeitplan liege, werde ich bis an den Pazifik fahren, auch wenn das bedeutet, nochmal eine Gebirgskette zu überqueren. Das Knie wird das aushalten müssen. Ende der Diskussion.


Freitag, 13.07.2012

Da ich es mir zeitlich nun erlauben kann, lege ich heute kurzentschlossen noch einen Day off ein. So gesehen hätte ich auch noch einen weiteren Tag bei Ann & Chuck bleiben können, was bestimmt auch Milow gefreut hätte. Und es wäre ganz sicher spassiger gewesen. Aber wieder einmal sind wir hier ja nicht bei "Wünsch dir was". Daher verbringe ich den Tag in Pendleton, was nebenbei bemerkt, sehr bekannt für seine Rodeos ist. Am heutigen Tag ist jedoch keine Veranstaltung. Wäre ja auch zu schön gewesen.


Als ich wieder im Motel ankomme, klebt Jolly mit der Nase an der Scheibe des Motelzimmers. Überflüssig zu fragen, was er da treibt, denn vor dem Nachbarzimmer steht ein Pickup Truck, mit einem Wauzi auf der Ladefläche. Wenn ich 1 und 1 zusammenzähle, scheint das ein Mädchen zu sein, denn bei Milow war er nicht so interessiert. Er wird sich doch nicht gerade verlieben...


Samstag, 14.07.2012

Ein weiterer Ritt auf der Interstate steht an, der jedoch recht ereignislos verläuft. Rund 75 Kilometer geht es kerzengerade durch die Wüste. Ohne einen Platten komme ich am frühen Nachmittag in Boardman an, wo ich mich im Roadway Inn einmiete.

Vor meiner Zimmer, ich empfinde dieses übrigens als das beste Zimmer der gesamten Tour, komme ich mit Jerome ins Gespräch, der gerade dabei ist, seinen Truck sauber zu machen. Jerome arbeitet bei General Electric und stellt überall im Land die Windturbinen auf. Da er ein sehr mitteilungsbedürftiges Kerlchen ist, bin ich nun ein wandelndes Turbinenlexikon.
Für diejenigen unter uns, die Uwe M. noch kennen: Jerome ist eine fast exakte Kopie in Mimik und Emotion, faszinierend! In Anlehnung an Uwe's legendäres "hmpf, Notes" entgegnet mir Jerome auf meinen Hinweis, dass ich noch bis zu Küste fahren will, da es dort sicher traumhaft ist: "hmpf, just water". Weltklasse :-)
Uwe, falls Du hier noch mitließt, nix für ungut, aber das war atemberaubend!

Den restlichen Nachmittag verbringe ich am Columbia River und gönne mir abends im örtlichen Restaurant einen Chickenburger mit Pommes. Das Preis-Leistungsverhältnis ist bei diesem Exemplar jedoch in einer derartigen Schieflage, dass es fast schon wieder komisch ist. Aufgrund meines etwas verhandlungsunsicheren englischen Vokabulars, sehe ich jedoch von einer Beanstandung ab.



Sonntag, 15,07.2012

Es wurde gestern bereits angekündigt, dass heute ein windiger Tag werden soll, was per se erstmal nichts Schlechtes ist. Nur ist es in meinem Fall extrem hinderlich, da das Lüftchen aus der falschen Richtung kommt. Und der Begriff "Wind" verfehlt den Kopf des berühmten Nagels auch um einige Meter. Es ist die heftigste Luftbewegung, der ich mich, seit meinem Start in New York, ausgesetzt sehe. Für die 5 Kilometer von meinem Hotel zu einer Rest Area brauche ich eine halbe Stunde. Ich komme kaum mit 10 km/h vorwärts, was den Spaß des Unterfangens deutlich einschränkt. Aber was soll's, so sind die Bedingungen nunmal, also reite ich mal weiter.
Gerade als ich von der Rest Area zurück auf die Interstate fahre, bemerke ich ein etwas schwammiges Verhalten der Vordergabel. Ich halte an, schließe die Augen, atme langsam und tief ein und lasse die Luft wieder komplett aus meinen beiden Lungenflügeln entweichen. Erst jetzt öffne ich die Augen wieder und schaue gefasst auf mein Vorderrad. Was ich dort sehe erstaunt mich nun nicht mehr übermäßig. Flat tire No. 3!
In diesem Moment muss ich an Ann denken. Hatten wir doch extra noch den "Green Slime" gekauft, welcher die Reifen von innen abdichten soll. Leider steht die Tube noch so wie wir sie gekauft haben in Boise. :-(

Offensichtlich scheint es sich nur um ein kleines Loch zu handeln, denn die Luft ist nicht komplett raus. Ich pumpe den Reifen nochmal auf und in der Tat verliert er nur langsam an Luft. Wenig motiviert, hier wieder einen Reifenwechsel vorzunehmen, fahre ich zu nächsten Ausfahrt und... ...zurück nach Boardman. Kommentar überflüssig. Das ist heut nicht mein Tag. An der Ausfahrt pumpe ich den Reifen jedoch nochmal so voll, wie das mit meiner kleinen Pumpe eben möglich ist.
Als ich über die Brücke fahre und auf die Gegenfahrbahn einbiege, habe ich das Gefühl, von einer Art Sog erfasst zu werden. Wahnsinn wie das hier pfeift. Mit über 40 km/h fegt es mich zurück nach Boardman. Wind ist schon was Tolles, wenn er aus der richtigen Richtung pfeift.

Angela, die Hotelmanagerin, schaut mich etwas fragend an, als ich plötzlich wieder vor ihr stehe. "You forgot something?" fragt sich mich. Ich erkäre ihr, dass das heute aufgrund des Windes ein ziemlich schlechter Tag sei, um vernünftig vorwärts zu kommen und ich überflüssigerweise auch noch einen Platten hätte. Ob ich noch eine weitere Nacht hier bleiben könne.
Offensichtlich habe ich mit meinem Hundeblick ihren Mutterinstikt geweckt, denn sie bietet mir an, das Zimmer zu einem Bruchteil des eigentlichen Preises zu beziehen. Das sei ihr Support für meinen Trip. Ist das nicht toll?! Erfreut und gleichzeitig gerührt nehme ich ihr Angebot vielfach dankend an. Life's good :-)

Gerade als sie die Formalitäten erledigt, kommt ihr Kollege rein. "Hey man what's up! Two flats! Very bad." Überrascht gebe ich zurück: "No just one flat!" und gehe nach draußen, um die Hiobsbotschaft zu prüfen. Tatsächlich! Da steht mein Schmuckstück ohne Luft in beiden Pellen. Was soll mir dieser Tag sagen?
Angela erkärt mir, dass in diesem Gebiet viele kleine Dornen rumfliegen und checkt meine Reifen. Und in der Tat. Im Hinterrad steckt eine dieser Dornen. Ob ich denn nicht den "Green Slime" verwenden würde, der dichtet solch kleine Löcher ab. Nun, ich denke ich werde mir diesen gleich heute besorgen.


Montag, 16.07.2012

Reifen sind geflickt, Green Slime ist eingefüllt, von nun an sollte, zumindest bei den Reifen, nichts mehr schief gehen. Mein Weg führt mich auf der Interstate immer entlang des Columbia River, der an vielen Stellen so breit ist, dass man das Gefühl hat, an einem See zu sein. Von dem gestrigen starken Gegenwind ist heute nichts mehr übrig. Im Gegenteil, ich habe sogar leichten Rückenwin.
Es ist ein toller Tag, kein Wölkchen weit und breit, sehr warm aber nicht heiß und der Verkehr hält sich auch in Grenzen, sodass auch die meisten Trucks brav auf zweite Spur ausweichen.

Am frühen Nachmittag mache ich in einem kleinen Park am Fluss halt. Sehr idyllisch gelegen, sodass ich hier gerne campen würde, auch wenn ich eigentlich noch ein paar Meilen fahren könnte, denn mein Knie hält sich heute erfreulicherweise zurück.
Mit meinem Hundeblick komme ich beim hiesigen Parkranger jedoch nicht weit. Auf meine Frage, ob ich denn auf der schönen Grünfläche (die eigentlich nur für den Gebrauch tagsüber bestimmt ist) kostenlos mein Zelt aufschlagen könne, entgegnet dieser recht knapp: "No sir. Either you can go to the campground for 14 Dollars or you can camp a few miles down the river at John Day Dam for free."

Nun, damit is meine Entscheidung klar und ich schaue mir den "Campground" am John Day Staudamm an. Schnell wird jedoch klar, dass ich hier nicht glücklich werde. Vertrocknetes Gestrüpp, kaum Bäume, von Tischen keine Spur und ins Toilettenhäuschen will ich lieber nicht schauen. So günstig soll's dann doch nicht sein. Ein Typ an der Tanke gibt mir den Tipp, mein Zelt im Celilo Park aufzuschlagen, der nur etwa 12 Meilen entfernt ist. Schön gelegen, viele Bäume und sogar Restrooms mit fließendem Wasser. Und sogar umsonst. Klingt gut in meinen Ohren und so stelle ich nach meiner Ankunft im genannten Park fest, dass der Mann recht hatte, wenn nicht unmittelbar am Park eine gut befahrene Eisenbahnstrecke verlaufen würde. Aber okay, es gilt Abstriche zu machen.

Während ich mein Zelt aufbaue, komme ich mit James und Teri ins Gespräch, die schon seit ein paar Tagen hier campen. Prompt laden sie mich zu einem Apple Pie zu sich ein und es entwickelt sich ein sehr schönes Gespräch. Nun weiß ich auch, was ich die letzten Tage im Motel vermisst habe. Es ist klasse, wie unkompliziert viele Leute auf Campgrounds sind und wie schnell man ins Gespräch kommt.

Danke James und Teri, es war ein toller Abend! :-)




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