Donnerstag, 31. Mai 2012

Das war's!

Das war der Vorgeschmack auf den kommende Bestseller in den deutschen Buchläden :-)
Aber im Ernst. Leider kann ich das bisherige Pensum nicht mehr halten. Es kostet einfach unglaublich viel Zeit, in dieser Detailtiefe zu berichten. Ich weiß noch nicht genau wie ich es mache, jedoch werden die kommenden Berichte komprimierter ausfallen.
Doch schließlich muss ja auch noch ein Anreiz da sein, das Buch zu kaufen ;-)

Sch... Köter!

Ein recht ereignisloser Tag. Gegen 7:30 Uhr baue ich mein Zelt ab, besuche den Nasscontainer und fahre zurück nach Dunnville, wo ich mir in einer Bar mit einer unfreundlichen Bedienung ein Frühstück gönne. 2 Wochen bin ich nun auf der Straße, doch meine Beine fühlen sich heute wieder an wie Blei. Hinzu kommt der blöde Gegenwind. Auch wenn ich im Vergleich schneller vorankomme, als im ersten Gang an einem Berg zu hängen, erscheint es mir insgesamt sehr langsam. Das mag zusätzlich aber auch an der eintönigen Landschaft liegen. Meilenweit Ackerland und Farmen.

Was mich inzwischen richtig sauer macht, sind die miesen Hundeviecher. War ich es bisher schon gewöhnt, immer wieder kläffend begleitet zu werden, so betrete ich heute die nächste Stufe der Attacken. Im Gegensatz zu den übrigen Angriffen, bei denen die Biester lärmend angestürmt kamen, an der Grundstücksgrenze jedoch stehen blieben, habe ich heute ein Exemplar, welches diese Regel nicht befolgt. Im Augenwinkel sehe ich ihn schon, wie er Kurs auf mich nimmt. Automatisch nehme ich mehr Fahrt auf, um möglichst schnell das Grundstück zu passieren. Dieses geltungsbedürftige A...loch scherrt sich jedoch einen Dreck darum und stürmt wie von der Tarantel gebissen hinter mir her. Sekundenlang hält er sich schräg rechts hinter mir. Immer wieder sprudeln diverse Beschimpfungen aus mir heraus, weil ich das einfach nicht glauben will. Zorngeladen trete ich noch mehr in die Pedalen, bis dieser Schweinehund im Graben und Gestrüpp Tempo verliert und schließlich aufgibt. Hätte ich weniger Speed drauf gehabt oder wäre am Berg gewesen, hätte er mich locker gehabt. Diese Hilflosigkeit macht mich innerlich so wütend, dass ich große Lust verspüre, dem Vieh auf brutale Art und Weise Manieren beizubringen. Ich bin inzwischen schon derart sensibilisert, dass mich jede rasche Bewegung von links und rechts in Alarmbereitschaft versetzt. Toll so entspannt durch die Lande zu radeln.

Da für morgen starken Regen und Sturmböen angekündigt sind, will ich mich für 2 Nächte in Port Dover einquartieren. Dort angekommen merke ich jedoch schnell, dass es sich um einen Touristenort handelt. Folglich sind die Preise für die wenigen Motels gepfeffert. In Downtown treffe ich auf Derek, der Manager eines kleinen lokalen Opernhauses. Superhilfsbereit nimmt er mich erstmal mit in seinen Laden, um zu schauen, was er für mich tun kann. Dabei stellt sich heraus, dass er einen deutschen Vater hat, der in Berlin aufgewachsen ist. Seine Hochzeitsreise ging letztes Jahr daher auch nach Berlin. Da gerade eine Tribute-to-Dolly-Parton Liveband spielt, nimmt er mich kurzerhand mit in den Saal und wir lauschen einige Minuten. bevor er anschließend die wenigen Motels abtelefoniert. Ich bin wirklich beeindruckt über so viel Hilfsbereitschaft. Leider tragen die Bemühungen keine Früchte, denn alle Buden rufen Preise jenseits der 120 Dollar pro Nacht aus.
Lächerlich. Ich habe mich schon damit abgefunden, dass ich wohl erstmal auf einem Campground landen werde und mein Zelt morgen im Regen abbauen darf, als ich auf ein Cafe mit offenem WLAN Hotspot aufmerksam werde. Natürlich lasse ich mir die Gelegenheit nicht entgehen und bestelle mir einen Kaffee, um den Hotspot nutzen zu können. Dabei komme ich mit den Jungs ins Gespräch. Tim kennt ein Haus um die Ecke, dessen Besitzer einzelne Zimmer auch tageweise vermietet. Einen Anruf später hat er den Deal klar gemacht und ich schaue mir mit dem Besitzer - David - die Räumlichkeit an. Naja, in Germany würden wir dazu wohl "renovierungsbedürftig" sagen. Bad/WC und Küche darf ich mir mit runtergekommenen Gestalten teilen. Preislich ist auch nichts zu machen, also was bleibt mir übrig; ich nehme die Bruchbude für 2 Nächte. Duschen werd ich wohl in Badeschlappen und die Küche bleibt für mich kalt. David zaubert mir noch ein paar vorkriegsartige Bettbezüge aus irgendeinem Mottenschrank, die ich unbenutzt zur Seite legen. Ich werde mich freiwilllig in meinen Schlafsack kuscheln.

Tagesbilanz
73 km - 150 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 15:00 Uhr
Schnitt 17,8 km/Stunde
Sonnig mit kaltem Wind, Gegenwind!
Übernachtung: Bruchbude in Port Dover, Ontaria, Kanada


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Mittwoch, 30. Mai 2012

Welcome Canada

Nach meinem gestrigen Day off ist heute wieder Radeln angesagt. Vorher besuche ich jedoch nochmal in Ruhe die Niagarafälle, da ich am Montag etwas wenig Zeit hatte. Zuerst ist die amerikanische Seite mit den American Falls dran, die angeblich weniger spektakulär sein soll, als der kanadische Teil. Ich für meinen Geschmack finde die jedoch schon sehr beeindruckend, weshalb ich mich noch einen Moment hier aufhalte.

Dann ist der große Moment gekommen. Über die Rainbow Bridge geht es nach Kanada. Damit ich die Brücke benutzen darf, sind - für Radfahrer - 50 Cents zu berappen. Wenn nur alles so günstig wäre. Drüben angekommen verläuft die Einreise völlig blasenfrei. Ein paar Fragen und ein überraschter Gesichtsausdruck später befinde ich mich in Kanada. :-)


Stephanie, Mich, Nigel und Gayle
Die kanadische Seite ist nicht weniger für den Tourismus ausgelegt, als die amerikanische und so fahre ich ins Getümmel, schließlich will ich ja die Fälle sehen. Gerade als ich mein Rad mal abstellen will, um ein paar Schritte zu Fuß zu unternehmen, werde ich auf meine Packtaschen angesprochen. Auf meinen Hinweis, dass ich Deutscher bin und mit dem Englischen so meine Probleme habe, wird entgegnet: Oh, dann können wir ja Deutsch sprechen, ich bin nämlich auch aus Deutschland. Es ist Stephanie aus Augsburg. Sie ist mit ihrem Vater Gayle ebenfalls auf einem Cross Country Trip. Die beiden sind in Maine gestartet und machen in Niagara Falls halt.

Mit dabei ist Nigel aus England, den sie wenige Tage zuvor kennengelernt haben. Auch er ist eine Long-Distance-Cyclist, ebenfalls in New York gestartet und hat die nächsten Meilen etwa die gleiche Strecke angepeilt, wie ich. Er will heute noch einen Day off in Niagara Falls machen, doch da er etwas besser konditioniert ist, wie meiner einer, sehen wir uns bestimmt noch auf der Strecke.
Wir schlendern zusammen noch ein wenig an den Fällen entlang und machen ein paar Fotos. Auch Jolly will es sich nicht nehmen lassen, vor der imposanten Kulisse zu posieren.

          

Mein weiterer Weg verläuft ziemlich unspektakulär. Es ist windig, ziemlich windig. Um genau zu sein, hab ich tollen Gegenwind, der mich wieder ziemlich abbremst. Auch die Straßen sind hier leider nicht so für Radfahrer geeignet, da nur selten ein breiter Randstreifen existiert. So muss ich einige Mal auf die unbefestigte Shoulder ausweichen, da ich von LKW-Fahrern darauf aufmerksam gemacht werde, dass ich gerade auf der Straße störe.

Dunkle Wolken tummeln sich am Himmel, sehr dunkle Wolken. Bis jetzt wurde ich vom Weather Channel nur verarscht. Für heute war der tollste Sonnenschein angekündigt: Plentyful sunshine. Nix dergleichen. Ich bin davon und vom Gegenwind schon so genervt, dass ich den Gedanken zu campen bereits verworfen habe und mir ein Motel suchen will. Somit steuere ich Dunnville an, in der Hoffnung, dort etwas Bezahlbares zu finden. Beide Motels rufen Preise jenseits der 60 Dollar aus. Das ist mir eindeutig zu viel. Auch der örtliche Campground leidet unter Größenwahn. 35 Dollar für eine Nacht! Hallo? ich will nur kurz pennen und den Platz nicht kaufen!

Da der Himmel inzwischen aufklart, ziehe ich weiter, da ich weiß, dass einige Meilen weiter noch andere Campgrounds existieren. Den ersten steuere ich an. Ist nicht in der besten Verfassung und ziemlich leer. Einige olle Wohnmobile stehen rum, doch campen tun hier nur wenige. Auf meine Frage, was die Übernachtung denn kosten soll wird mir freundlich entgegnet "Nothing, it's free"! :-) Ich solle mir eine Site aussuchen, dort drüben sind die Waschräume. Na das ist doch mal eine tolle Nachricht. Plötzlich wirkt der Campground gar nicht mehr so heruntergekommen. Es hat sich also tatsächlich gelohnt, nochmal weiter zu suchen. :-)

Tagesbilanz
95 km - 370 Höhenmeter
Unterwegs von 10:00 - 18:30 Uhr
Schnitt 17,5 km/Stunde
Vormittags noch sonnig, nachmittags stark bewölkt und frisch. Gegenwind!
Übernachtung: Namenloser Campground zwischen Dunnville und Cayuga, Ontaria, Kanada


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Montag, 28. Mai 2012

Etappenziel Niagarafälle

Ein bischen wie die Fulda-Auen
Auch heute nehme ich für einen Großteil der Strecke wieder einen Fahrradweg, abseits des Straßenverkehrs. Das ist einfach ein deutlich angenehmeres Radeln. Je näher ich dem Großraum Buffalo komme, umso mehr fahre ich durch Siedlungen, wo keine armen Leute zu finden sind. Akkurate Häuser, teilweise Villen, schön gepflegte Gärten, Pools, Golfplätze. Hier versammelt sich offensichtlich die gehobene Schicht. Ich hätte ja gerne mal ein paar Fotos gemacht. Jedoch fürchte ich die Konsequenzen. Ich möchte nicht als perverser Spanner, der in fremde Gärten glotzt, verhaftet werden. Daher lasse ich das lieber.

In Buffalo führt mich mein Weg teilweise entlang der Universität. Da Memorial Day ist, ist hier natürlich nichts los. Der Radweg erinnert mich sehr an die Fulda-Auen. Meilenweit fahre ich durch die Vororte von Buffalo, ohne einmal mit dem Straßenverkehr in Berührung zu kommen. Das haben die gut gemacht. Eine Sache musste ich mir jedoch schnell wieder abgewöhnen, welche ich eigentlich sehr toll finde. Das flüchtige, aber freundliche Grüßen, wenn man einander begegnet. Die Buffaloniens machen sowas nicht. Zumindest nicht die, die mir begegnet sind.

Mein freundliches "Hey how are you", dass ich so lange üben musste, wird hier einfach ignoriert. Cool tun, durch den Anderen durchgucken ist hier angesagt. Okay, ich bin ja anpassungsfähig. Vielleicht sind die Buffaloniens nur missmutig, weil sich niemand in ihre Stadt verirrt, wenn wenige Meilen nördlich der Besuchermagnet Nummer 1 - welcher auch mein Ziel ist - zu finden ist. :-)



Der Tag ist bereits ziemlich voran geschritten, doch ich möchte unbedingt noch heute an den Fällen angekommen. Daher lege ich mich nochmal ins Zeug. Bei dem Wetter scheint heute wirklich jeder sein Bootchen spazieren zu fahren. Es ist ein sehen und gesehen werden. Und auch die US Border Patrol ist mit einem Bootchen vertreten :-)

          

Bei Tonawanda überquere ich die Brücke nach Grand Island und weniger später die Brücke nach Niagara Falls. Entlang des Riverwalk führt mich mein Weg zum State Park. Von Weitem sieht man schon die Gischt der Fälle und schließlich bin ich da. Nach 750 Kilometern an den Niagarafällen. Umwerfend! :-)


Tagesbilanz
102 km - 400 Höhenmeter
Unterwegs von 10:00 - 19:30 Uhr
Schnitt 17,9 km/Stunde
Sonnig, heiß und Gegenwind!
Übernachtung: Econo Lodge in Niagara Falls, NY


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Sonntag, 27. Mai 2012

Der Fast-100-Kilometer-Tag

Downtown Canandaigua
Heute habe ich mir für einen Großteil der Strecke einen Fahrradweg ausgesucht. Die gab es auf meiner bisherigen Strecke nur äußerst selten. Das Schöne daran: So gut wie keine Höhenmeter. Daher stelle ich heute auch meinen bisherigen Rekord von 97 Kilometern auf. :-)

Vorher mache ich jedoch noch einen Abstecher ins Wal-Mart um meine Vorräte aufzufrischen. Dabei besorge ich mir auch ein Mittel, welches den Juckreiz bei Mückenstichen lindern soll. Die Biester haben mir in den letzten Tagen ganz schön zugesetzt. "Afterbite" wird mir angeprießen als gut und günstig. Gekauft.

Jolly vor'm County Court House
Draußen angekommen, verteile ich das Zeugs erstmal großzügig auf alle Stiche. Dabei vernehme ich einen ekelhaften Geruch, der mich an Ameisensäure erinnert. Eine genauere Untersuchung meines Wundermittels hebt mich fast aus den Socken. Mir bleibt die Luft weg. Amoniak! Genau, der Gestank ist Amoniak! Die haben mir ne Amoniaktunke angedreht. Ich kann's kaum glauben, dachte ich doch bisher, dass Amoniak giftig ist. Na gut, es ist keine hohe Konzentration, doch alleine der Gestank macht es für mich unverwendbar. Ich schmier mir doch kein Amoniak auf die Haut! Der Mist geht doch durch. Das sind so ein paar blöde Stiche nun wirklich nicht wert. Unglaublich und bereits im nächsten Moment landet die Brühe in der großen Tonne.


Nachdem ich mir mal wieder Country auf's Ohr gepackt habe, merke ich heute schnell, dass die Zeit für Metal gekommen ist. Also muss die Nitty-Gritty-Dirt-Band Platz machen für Masterplan. Und ab da geht's vorwärts von Hochgefühl zu Hochgefühl. Toller Tag, tolles Wetter, tolle Strecke und mein Trommelfell ist am headbangen! :-)

Die Strecke ist wie ich sie mir vorgestellt habe. Schön flach und trotz feinem Schotter sehr gut befahrbar, auch mit meinem Tourenesel. Und ich genieße es. Einige Streckenabschnitte sind jedoch ein wenig kriminell für Tourenräder und ich mache mir Gedanken über meine Reifen. Da passt es, dass mir Mark entgegenkommt, der einen Platten hat. Beim plaudern merkt er schnell, dass ich kein Amerikaner bin. Als ich ihm sage, dass ich aus Deutschland bin, stellt sich heraus, dass er in den 80ern bei Köln stationiert war und seine Frau auch deutsche Eltern hat. Schon kommt sie daher geradelt und wir unterhalten uns ein paar Sätze lang auf Deutsch. Als ich Mark sage was ich vorhabe, will er sofort ein Foto von mir machen und auf Facebook hochladen. Naja, ich hab ja nichts dagegen :-)

Einfahrt zum AKW oder nur eine Brücke?
An meinem Tagesziel angekommen, steuere ich zunächst ein Bob Evans Restaurant an und bestelle mir ein Citrus Herb Chicken mit Fries, Brokoli und Knoblauchbrot. Lecker und absolut verdient. Da ich am Fenster sitze, beobachte ich, wie ein recht altes Renterpärchen im Tippelschritt von ihrem Auto über den Parkplatz auf's Restaurant zusteuern. Sie wirken schon ziemlich zerbrechlich und benötigen für den kurzen Weg gefühlte 5 Minuten. Das ist jedoch ein so schönes Bild, die beiden dabei zu beobachten, wie sie sich gegenseitig stützend und händchenhaltend ihren Weg bahnen, dass mir Weichmann tatsächlich das Herz aufgeht. Ich bin gerührt.

Nach gefühlten weiteren 5 Minuten sehe ich sie, wie sie zu einem Tisch geführt werden. Er, ganz Kavalier der alten Schule, macht eine einladende Bewegung, um seiner Gatting zu signalisieren, dass er warten wird, bis sie Platz genommen hat. Ich will mir mein Schmunzeln nicht verkneifen, denn das passiert alles in einem zeitlupenartigen Tempo. Herrlich! Bevor sich Omi jedoch setzen kann, dringt offensichtlich die im Hintergrund laufende Musik an Opi's Hörgerät. Unvermittelt nimmt er ihre Hand, führt sie auf Kopfhöhe, beginnt seine Füße zu bewegen und seinen Mund zu einem Pfeifen zu formen. Die beiden Tanzen. Also ich meine, jeder der die beiden beobachtet, weiß dass es Tanzen sein soll. Für ein paar Sekunden sind wir staunend in diesem Moment gefangen. Der aufkommende Szenenapplaus ist mehr als berechtigt und ich muss erstmal tief durchatmen, bevor ich weiteressen kann...

Ich miete mich direkt gegenüber im, von Indern geführten, Budget Inn ein. Ohne rasistisch wirken zu wollen, vermeide ich es in der Regel, aufgrund von mehreren schlechten Erfahrungen, in von Indern geführten Motels zu nächtigen. Diesmal werde ich jedoch Lügen gestraft. Abgesehen von ein wenig Dreck auf dem Kopfkissen - ist wahrscheinlich nur einmal verwendet worden - macht die Bude einen recht sauberen Eindruck.
Offensichtlich hat der Besitzer gerade die Randsteinmarkierungen gestrichen oder die Billigfarbe hat sich in der Sonne verflüssigt. Jedenfalls hab ich nun einige weiße Abdrücke am Vorderrad, welche ich leider ein wenig am Flurteppich verteile, während ich mein Stahlross in's Zimmer wuchte. I'm sorry!

Tagesbilanz
97 km - 290 Höhenmeter
Unterwegs von 8:30 - 16:30 Uhr
Schnitt 19,3 km/Stunde
Wolkig mit sonnigen Abschnitten. Windstill.
Übernachtung: Budget Inn in Batavia, NY


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Samstag, 26. Mai 2012

We are not that bad in New York

In irgendeinem Blog hab ich mal gelesen, dass man bei Gewitter besser nicht im Zelt bleibt. Nun liege ich hier um 1 Uhr und diskutiere mit Jolly was zu tun ist. Einige Blitze erhellen das Zelt, doch das Donnergrummeln folgt mit einigem Abstand. Das sagt mir, dass wir zunächst nichts zu befürchten haben. Roy konnte mit dieser Theorie gar nichts anfangen. Gemäß seiner Wahrscheinlichkeitsrechnung hat man im Zelt nichts zu befürchten, solange höhere Elemente in der näheren Umgebung vorhanden sind. In meinem Fall sind das die Bäume und Mobile Homes der Nachbarn. Soll der Blitz doch bei denen einschlagen. Etwas beruhigter schlummere ich wieder weg.

Jolly an seinem angestammten Plätzchen
7 Uhr ist es, als ich unser Zelt abbaue und wir die Campsite verlassen, rechtzeitig, bevor das bunte Treiben wieder startet. Mein Weg führt mich zu einer etwas abgelegenen Dusche, die ich für mich habe, zumindest, was die menschlichen Nutzer betrifft. Ich darf mir die Dusche nämlich mit allerhand Geviechs teilen. Ist mir inzwischen jedoch völlig egal. Fließendes, lauwarmes Wasser und frische Klamotten, das reicht, um sich wieder als Mensch zu fühlen.

Ich genieße die morgendliche Ruhe am See und schaue den Fischern zu. Eigentlich wollte ich mir noch ein leckeres Frühstück bei meinen Golden Girls gönnen, doch die schlafen wohl etwas länger. Gegen 9 Uhr sind die Türen noch immer verschlossen, weswegen ich mich auch den Weg mache. Vor den Toren des State Parks gibt es ein kleines Memorial, bei dem ich kurz anhalte.

Immer entlang des Sees führt mein Weg vorbei an schönen Häusern mit Bootanlegestellen. Hier lässt es sich Amerika gut gehen. Und ich treffe doch tatsächlich auf Radfahrer, mit denen ich kurz ins Gespräch komme. "Crazy german guy" ist die einhellige Meinung über mich :-)

In Geneva mache ich noch eine Pause am See, bevor ich den örtlichen Wal-Mart aufsuche. Den ersten auf meiner Tour. Doch dieses Ritual gönne ich mir jetzt mit Genuss. Zielgerichtet steuere ich die Camping- und Waffenabteilung an und suche nach Pfefferspray. Weil meine Suche erfolglos bleibt, wende ich mich an die Angestellten, welche mir mitteilen, dass es in New York State nicht erlaubt ist, Pfefferspray mit sich zu führen. "We're not that bad in New York"
Okay, ich war nur einen Schritt davon entfernt zu sagen, dass ich in diesem Fall doch gerne einen Revolver hätte, damit ich die angriffslustigen Köter eben wegballern kann. Ich musste mir böse auf die Zunge beißen. Hat weh getan. Waffen kann man irgendwie kaufen, jedoch keinen blöden Pfefferspray. Auch das ist Amerika. Anyway, werd ich die Wauzies eben erwürgen!

Man erkennt wo wir wohnen
Auf meinem weiteren Weg nach Canandaigua kämpfe ich wieder mit Gegenwind, der heute jedoch etwas moderater ausfällt. Am Ortseingang lacht mich das Miami Motel an, welches ich direkt ansteuere. Keine Lust noch lange zu suchen. Ich will Wäsche machen und ausruhen und habe Glück. Es ist noch ein Doppelzimmer frei, welches mir zum Preis eines Einzelzimmers überlassen wird, wenn ich verpsreche, nur ein Bett zu benutzen. Okay, das lässt sich einrichten :-)
Die Besitzerin ist wirklich sehr nett und darum bemüht, dass ich mich am Obstkorb reichlich bediene, damit ich bei Kräften bleibe. Das Motelzimmer ist auch wirklich hübsch, sauber und etwas individueller als die üblichen Kettenmotels. Und das Bett ist ein Traum!

Tagesbilanz
50 km - 300 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 14:30 Uhr
Schnitt 17,5 km/Stunde
Bedeckt mit einigen Schauern. Mäßiger Gegenwind.
Übernachtung: Miami Motel in Canandaigua, NY


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Freitag, 25. Mai 2012

Wenn Freunde zu Feinden werden

Raus hier! Den Mock hält ja kein Mensch aus. Dem Schlafsack könnte ich jetzt schon ne Generalüberholung spendieren und ich bin erst ein paar Tage unterwegs. Nach so einem ganzen Tag auf'm Rad ist man durch den eigenen Bratensaft richtig gut durchgegart. Jolly macht schon ständig beleidigende Bemerkungen aber helfen will er auch nicht. Der ist stinkfaul. Und wer will schon duschen, wenn man abends am Campground ankommt. Dann folgt die Vorbereitung des Lagers, Essenszubereitung und -einnahme, ja und natürlich das Feuerchen. Da bleibt einfach keine Zeit.

Mein Frühstück beschränkt sich zunächst mal auf ein kompaktes Magnesium/Calcium Präparat. Werde mir unterwegs was schießen. Apropos: In den letzten Tagen sind mir jede Menge Viecher begegnet, die die Beinchen in die Luft gestreckt hatten. Das Essen liegt hier im wahrsten Sinne auf der Straße. Einige Male hab ich schon kurz drüber nachgedacht, dass die bestimmt noch genießbar wären, wenn man sie gut durchgrillt. Nein, ich mach nur Spaß ;-)

Direkt im State Park gibt's nen Wasserfall, dem ich einen kurzen Besuch abstatte. Dort treffe ich auf zwei Rentnerpärchen, die einfach nicht glauben wollen, dass ich nur mit dem Fahrrad unterwegs bin. Kurzfristig denke ich darüber nach, zu lügen und zu sagen, dass mein Auto um die Ecke steht, ich jedoch für kurze Fahrradausflüge immer mein ganzes Gepäck mitnehme. Aber ich bleibe bei meiner Geschichte und muß ihnen versprechen, dass ich gut auf mich aufpasse. Süß gell :-)

Ich bin nur wenige Meter gefahren, als ich in Ithaca einen kurzen Breakfast Stop einlege. Kurzzeitig überlege ich, ob ich heute einen Day off einlegen und mir ein Motelzimmer im Ort nehmen soll. Meine Motivation lässt nämlich zu wünschen übrig. Letztendlich überredet mich Jolly einige Meilen zu fahren und wir machen uns auf den Highway 89 North entlang des Cayuga Lake.

Bisher hab ich mich immer über jedes Lüftchen gefreut, was mir an den Hügeln eine kleine Erfrischung bescherrt hat. Doch als ich heute die Route 89 in Richtung Westen verlasse, offenbart sich mir ein neues Feindbild: der Gegenwind. Das ist der Punkt, an dem Freunde zu Feinden wurden. Doch ich bin sicher, dass das erst der Anfang ist. Im weiteren Verlauf wird mich sicher noch genügend Gegenwind erwarten. Daher kämpfe ich mich die Steigungen hoch. Und irgendwann sehe ich wieder Wasser: den Seneca Lake, der ein paar Meilen westlich liegt. Augrund der Anordnung der verschiedenen Seen nennt man diese Region die "Finger Lakes".

Eigentlich will ich ja noch bis Geneva fahren, um mir dort ein Motelzimmer zu gönnen. Doch da Memorial Weekend ist, befürchte ich, dass es recht teuer sein wird. Daher beschließe ich kurzerhand, am Campground im Sampson State Park, einige Meilen vor Geneva, zu fragen. Und siehe da, es ist noch eine schattige Campsite frei. Der Preis ist allerdings der Hammer, da sich zum Grundpreis noch diverse Gebühren addieren. Wochenendaufpreis, Non-Resident-Aufpreis, Aufpreis für nur eine Übernachtung. Aber sicher noch deutlich günstiger, als ein Motel in Geneva. Also nehme ich die Site, frohen Mutes, wieder mein kleines Feuerchen machen zu können.

Leider ist der Platz so ganz anders, wie meines bisherigen Campgrounds, weniger anonym. Malle kann nicht schlimmer sein. In allen Himmelsrichtungen Nachbarn, mit direktem Blickkontakt. Das kann ich ja gar nicht gebrauchen. Zu allem Überfluss, fahren die Kinder eines Nachbarn mit ihren Rädern ständig auf meinem Grundstück rum und erzählen mir, dass ihre Zelte ja größer sind, als meins. Außerdem haben sie ein Mobile Home dabei. Na und?! Wenn ich Vater, Mutter, Oma, Opa, Bruder, Schwester, die halbe Verwandschaft und Köter dabei hätte, wäre ich auch ganz anders aufgestellt! Das will ich mir nicht geben und suche das Weite. Zunächst rette ich mich in das nahe gelgene White-Head-Restaurant. Den Namen habe ich der Bar gegeben, da hier ausschließlich Renterrinnen die Küche schmeißen. Komme mir vor, wie bei den Golden Girls. Aber sehr nett die Omis :-)

Um nicht wieder zurück zu meiner Campsite zu müssen, suche ich nach Alternativen. Zum Glück ist der See nicht weit und so mache ich es mir auf einer Bank bequem und genieße meinen ersten Sonnenuntergang. Beautiful!

Tagesbilanz
72 km - 520 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 16:00 Uhr
Schnitt 17,4 km/Stunde
Heiter bis wolkig. Ziemlich windig mit meinem ersten richtigen Gegenwind.
Übernachtung: Campground im Sampson State Park, NY


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Donnerstag, 24. Mai 2012

Danke!

Jolly und ich möchten mal Danke sagen: Danke! :-)
Dafür dass Ihr unseren Blog verfolgt und natürlich auch kommentiert. Offensichtlich kommt's gut an, was uns natürlich sehr freut. Die Zeit, um alle Kommentare zu beantworten reicht jedoch nicht aus. Aber wir lesen und freuen uns über jeden einzelnen. Also bitte weiter kommentieren! Wir versuchen auch weiterhin einigermaßen aktuell über die Geschehnisse zu berichten.
Keep it country and cheerz!
Jolly & Olli

Unheimliche Begegnung der nächsten Dimension

Eigentlich wollte ich ja nur eine Nacht bei Roy & Laurie bleiben, doch komme ich am Mittwoch einfach nicht auf die Straße. Nachdem Laurie mir ein tolles Frühstück gezaubert hat, packe ich meine Klamotten und mache mein Stahlross startklar, doch dann verlieren wir uns in Gesprächen. Erstaunlich dass das mit meinem Touristenenglisch so wunderbar funktioniert. Und da der Nachmittag verfliegt, erbitte ich eine weitere Nacht asyl, was mir prompt und gerne gewährt wird. Als Roy nachhause kommt habe ich schon die Befürchtung, dass er große Augen machen wird, weil ich immernoch da bin. Doch alles ist cool und wir genießen einen weiteren schönen Abend zusammen.

Donnerstag ist dann jedoch Aufbruch angesagt. Roy & Laurie haben das Haus bereits verlassen. Somit bin ich ganz alleine in einem fremden Haus. Ist schon beeindruckend welches Vertrauen die Beiden in mich haben. Das ist mir auch bei Hank & Hilary schon aufgefallen. Wenn die wüssten, was ich für einer bin... ;-)
Danke für alles! Es war eine wirklich tolle Zeit bei Euch. Und in 6 Jahren seid Ihr herzlich willkommen! ;-)

Da ich erst um 11 Uhr loskomme und ein paar Gewitter angekündigt sind, trete ich in die Pedale. Zwar habe ich gut gefrühstückt, doch nach 25 Kilometern knurrt mir schon wieder der Magen. Welche Glück, dass ein Wendy's am Horizont auftaucht. Jamjam :-)
Frisch gestärkt geht's weiter, immer mit Blick auf die bedrohlichen Wolkenformationen. Die hindern mich jedoch nicht daran, mir in Spencer erstmal einen Eimer Eis zu gönnen. Wenn man in Deutschland an einer Eisdiele einmal Vanille und einmal Haselnuss bestellt, bekommt man genau 2 Kugeln. Hier bekommt man von jeder Sorte so viel, bis der Bottich voll ist. Und mit dem Löffeln bin ich gefühlte 45 Minuten beschäftigt. Nein, ein schlechtes Gewissen will sich einfach nicht einstellen. Ich verbrenne ja genug :-)

Am Campground im State Park angekommen, drehe ich erstmal eine Runde, um mir eine schöne Campsite auszusuchen. Natürlich nehme ich die, wo bereits sorgfältig Feuerholz hinterlassen wurde. Als ich einchecken will, kommt mir ein Typ entgegen, mit dem ich leider ins Gespräch komme. Eigentlich gleicht es mehr einem Monolog seinerseits, denn ich bin an einer Konversation wenig interessiert. Zunächst dachte ich mir nichts weiter, bis die Sammlung seiner leeren Dosen in mein Auge fällt und die Schnappsfahne mein Riechorgan befällt. Er tut sehr interessiert an meinem Fahrrad und erzählt mir, dass er auch Fahrrad fährt. Ist klar, wenn der ein Fahrrad hat, dann jedoch wahrscheinlich aus anderen Gründen. Ich solle doch mit zu ihm kommen, ich könne in seinem Vorgarten mein Zelt aufschlagen. Das wäre gar kein Problem. Jolly tritt bereits kräftig gegen die Innenseite seiner Lenkertasche. Und als ob das nicht reichen würde, fügt er noch hinzu, ich könne auch in seinem Bett schlafen, das hätte er schon mal gemacht. "Ain't a big deal".
Ohne weiter darauf einzugehen grüße ich kurz zum Abschied und mache mich auf die Socken zum Parkoffice. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht was er so alles vor sich hingenuschelt hat. Doch ich möchte dieses Erlebnis schnell wieder vergessen.

An meiner Campsite angekommen, sind die dunklen Wolken nicht mehr übersehbar, weswegen ich mich mit dem Aufbau meiner Behausung beeile. Just in der Sekunde, als ich alles soweit eingerichtet habe, bricht ein Platzregen los. Ich greife mir meine Regenjacke und flüchte mich unter die Bäume. Mit Schrecken muss ich zusehen, wie das gute Feuerholz nassgeregnet wird. Etwa 15 Minuten später stehe ich da, wie der begossene Pudel und will nicht einsehen, dass mein schönes Feuerchen im wahrsten Sinne ins Wasser gefallen sein soll. Schließlich hab ich mir extra noch eine 3/4 Liter Dose Coors Light mitgebracht.

Da das Parkoffice bereits geschlossen hat, sind Alternativen gefragt. Und die finde ich bei meinen Nachbarn. Fröhlich besuche ich zunächst Nachbar Nummer 1, welcher mir freundlicherweise ein Bündel Holz überlässt. Kostenfrei versteht sich. Es soll jedoch ein großes Feuerchen werden, daher wird Nachbar Nummer 2 ebenfalls besucht und auch dort ein paar Stücke abgestaubt :-)
Damit ist der Abend gerettet und ich lasse ihn zusammen mit Jolly ausklingen.

Tagesbilanz
88 km - 400 Höhenmeter
Unterwegs von 11:00 - 17:00 Uhr
Schnitt 21,2 km/Stunde
Bewölkt und windig.
Übernachtung: Campground im Robert H. Treman State Park, NY


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Dienstag, 22. Mai 2012

Goodbye Rocco

Heute werde ich gleich doppelt verarscht; einmal von meinem Routen-Planungstool und einmal vom Wetterbericht. 280 Höhenmeter sollten es sein, 640 Höhenmeter sind es geworden. Außerdem waren Gewitter angekündigt. Außer dunklen Wolken war jedoch nix. Als ich bei Roy und Laurie ankam, war schönstes Wetter. Gut, ich bin ja auch nicht böse drum. Aber über die Höhenmeter! Jedoch der Reihe nach.

Der Wecker klingelt zwar um 6 Uhr, doch komme ich erst gegen 7 aus der Kiste. Nach einer schönen Dusche packe ich meine Klamotten und sage dem guten Rocco lebewohl. Haben zuvor noch ein kleines Schwätzchen gehalten. Der ist echt nicht verkehrt. Hab ihn eigentlich schon ins Herz geschlossen.

Da ich heute 80 Kilometer vor mir habe, denn ich habe gestern über warmshowers.org ein Plätzchen bei Roy und Laurie klar gemacht, trete ich in die Pedalen. Außerdem soll ich ja angeblich nur 280 Höhenmeter vor mir haben. :-)

Ich fahre im Regen bei Rocco los. Die Regenklamotten sind wirklich toll. Die lassen echt absolut keine Nässe durch. Allerdings gilt das von beiden Seiten denn der eigene Bratensaft wird auch prima konserviert. Man ist noch immer schön nass, wenn der Regen schon lange aufgehört hat. Eine tolle Erfindung. Ich bin froh dass ich die hab.

Da ich bei Rocco auf knapp 700 Metern Höhe war, darf ich heute einige Abfahrten genießen und bin somit geradezu in einer Hochstimmung. Als mein Höhenmesser jedoch schon wieder 300 Höhenmeter anzeigt und die 400er Marke anpeilt, werde ich auf mein Planungstool richtig sauer. Doch wieder einmal; was bringts! Weiter geht's. Außerdem treiben mich die bedrohlich dunklen Wolken voran. Sollte ein Gewitter im Anmarsch sein, möchte ich diesem zumindest in bewohntem Gebiet begegnen, um irgendwo Unterschlupf zu finden.

Nachdem ich bisher relativ wenig Kontakt mit Hunden hatte, Gott sei's gedankt, werde ich heute gleich mehrfach angekläfft. Glücklicherweise sind die Mistviecher entweder angekettet oder in einem Zwinger, wo sie hingehören! Jedoch waren Exemplare dabei, denen ich nicht Auge in Auge hätte begegnen wollen. Das Frolic habe ich in Deutschland gelassen und Pfefferspray hab ich mir leider auch noch kein's besorgt. Dieser Tag zeigt mir jedoch, ich sollte schnellstens aufrüsten.

Nach einem leckeren und energiereichen Mittagsmenü, bestehend aus Bacon-Cheeseburger, Fries und Krautsalat in einem lokalen Diner, nehme ich die letzten 30 Kilometer zu Roy und Laurie unter die Räder. Und siehe da! An der Grenze von Pennsylvania zu New York State lacht mir doch tatsächlich ein heiß ersehntes Welcome Schild entgegen! :-)
Jolly ist so euphorisch, dass ich zunächst gar nicht mit auf's Bild darf.

Die beiden wohnen in einer schönen, sauberen Gegend in Endwell, einem kleinen Vorort von Binghamton in New York State. Laurie empfängt mich und Roy kommt kurze Zeit später von der Arbeit. Wie schon bei Hilary und Hank bekomme ich mein eigenes Zimmer mit Bett. Ein Traum. Die beiden kümmern sich rührend um mich und wieder bekomme ich das Gefühl vermittelt, als würde ich zur Familie gehören. Später sitzen wir noch im Garten ihres Hauses, trinken Bier und tauschen Erfahrungen. Diese Art von Reisen, nicht nur anonym zu sein, sondern in direkten Kontakt mit den Menschen und deren Leben zu kommen, ist fantastisch. Ein großartiger Tag neigt sich seinem Ende.

Tagesbilanz
80 km - 640 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 15:30 Uhr
Schnitt 18,3 km/Stunde
Bedeckt mit einigen Schauern. Mäßiger Wind.
Übernachtung: Bei Roy und Laurie in Endwell, NY


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Montag, 21. Mai 2012

Unheimliche Begegnung der dritten Art

Leider gehen meine Wünsche für einen schönen Sonnenaufgang am See nicht in Erfüllung; bedeckter Himmel. Dennoch mache ich mir ein kleines Frühstück und genieße die Szenerie.

Mein Weg führt mich danach zur Dusche, die heute deutlich sauberer ist. Dafür kosten 5-7 Minuten 25 Cents. Na die geb ich dafür doch gerne aus. Einen Quarter hab ich ja noch.
Natürlich reicht mir die Zeit nicht und so stehe ich teileingeseift, ohne Wasser und ohne Quarter da und glotze blöd den Brausenkopf an. Warum wundert mich das nicht? Nunja, kriegt eben mein Handtuch den Dreck ab.

Hatte ich schon meine Abneigung gegen Hügel kund getan? Auch heute das gleiche Bild. In der Hoffnung auf etwas "Abwechslung" nehme ich ab Carbondale eine alte, stillgelegte Bahntrasse. Hätte ich mich mal besser informiert, denn dieser Weg ist bestenfalls nur geschottert. Mit meinem Tourenesel komm ich darauf natürlich nicht voran, zumal es oftmals ziemlich grob geschottert ist und ich Angst um meine Reifen hab. Außerdem warte ich drauf, dass jeden Moment ein Serienmörder aus dem Gebüsch hüpft, denn der Weg verläuft nur durch Wald. Muß ständig an die Story von Marco und Täsch, mit den Hillbillies denken. Jolly kaut leicht panisch schon die Lenkertasche an, in der ich ihm seine persönliche Ecke freimachen musste.

Irgendwann ist auch diese Odysee vorbei und ich fahre ab Forest City wieder Straße. In Union Dale stoppe ich bei einem Tante Emma Laden, um nach einem Motel in der Nähe zu fragen. Judy, die Besitzerin, ist hocherfreut, dass sich jemand aus Deutschland in ihren kleinen Laden verirrt. Ich muss mich unbedingt in ihre Gästebuch eintragen und auf der großen Weltkarte einen Pin in meinen Heimatort stecken. Süß das Muttchen :-)
Sie gibt mir den Tipp, dass ich im "Vacation Inn" übernachten sollte. Das ist auch das einzige Motel im Umkreis. Es sieht äußerlich zwar runtergekommen aus, doch sie hat gehört, dass der Besitzer dabei ist, die Zimmer zu renovieren. Stört mich nicht. Hauptsache ein Bett, Dusche und WLAN, denn für heute reichts mir.

Ich habe Schlimmeres erwartet. Sieht von außen doch gar nicht so schlecht aus. Gut, das wäre nicht meine erste Wahl, doch für eine Nacht wird's schon passen. Dass nur ein Auto dort parkt interessiert mich nicht weiter. Habe ja keine Alternative.
Abenteuerlustig betrete ich das Office, dessen Scheiben beschlagen sind und finde mich plötzlich in meinem eigenen Film wieder. Vor mir steht Herman Munster. Abgesiffte Klamotten, Buckel und von Büro kann man nicht reden. Sein mutierter Fingernagel des Mittelfingers der rechten Hand sagt mir, ich sollte nicht hier sein. Mutig gehe ich in die Offensive und frage ihn, ob denn ein Zimmer frei ist. Sicher, die Frage war rein rhetorisch. Eigentlich hätte ich mir auch eins aussuchen können, denn die Buden sind mit Sicherheit alle frei. VHS Kassetten, dreckige Wäsche, Tapete aus den 40ern. Was der hier so treibt will ich lieber nicht wissen. Ich hätte ja gerne eine Foto von dieser Szenerie gemacht, aber ich hab mich nicht getraut. Dennoch bleibe ich mutig und lasse mir das Zimmer zeigen, obwohl Jolly lieber stehend im Wald penne würde.

Nun, mehr hab ich auch nicht erwartet, ziemlich alt eben, doch das Örtchen scheint sauber zu sein. Ein gutes Indiz. Verwirrt hat mich nur, weshalb die Bibel aufgeschlagen ist.
Da ich hier keinen WLAN Empfang habe, lasse ich mir von Rocco ein anderes Zimmer geben. Mein Blick fällt sofort auf die aufgeschlagene Bibel. Ja, an der gleichen Stelle aufgeschlagen. Nein, ich habe nicht gelesen was dort im Detail steht. Ich habe mich einfach nicht getraut!
Zu guter letzt meint er noch, dass er die ganze Nacht hier ist. Falls ein Notfall sein sollte, solle ich einfach klopfen. Eine gesteigerte Beruhigung empfinde ich nach dieser Information jedoch nicht. Nein, ich werde sicher nicht klopfen. Vorher nehme ich mein Erste-Hilfe-Päckchen und lasse mich von Jolly versorgen.

Wäsche und Tourenplanung ist angesagt. Später komme ich noch mit Rocco ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass ich ihm Unrecht getan hab. Er sieht zwar absolut verwarlost aus und seine Behausung ist nur eine Ansammlung von Müll, doch ansonsten scheint er ein ganz netter Kerl zu sein. Ich frage jedoch nicht weiter nach seinen familiären Verhältnissen, denn ich bin sicher, dass er, abgesehen von den 3 Katzen, hier alleine haust. Diese scheinen sich bei ihm jedoch recht wohl zu fühlen.


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Tagesbilanz
43 km - 542 Höhenmeter
Schnitt 13,9 km/Stunde
Bedeckt mit Schauern. Mäßiger Wind.
Übernachtung: Vacation Inn in Union Dale, PA

Sonntag, 20. Mai 2012

Idylle am See

Bin heute morgen wieder frierend am Campground aufgewacht. Ohne Klamotten hält der Schlafsack leider nicht was er verspricht. Außerdem fühlt man sich in dem Innenfutter, als wäre man in Frischhaltefolie eingewickelt. Alles klebt so auf der Haut. Liegt vielleicht aber auch daran, dass ich gut durchgeschwitzt bin. Wirklich zufrieden bin ich jedenfalls nicht dadmit. Ich bin unleitlich! Anyway!

Nach dem Zeltabbau suche ich die örtlichen Duschräume auf. Was ich dort jedoch vorfinde, lässt meine Freude auf eine Dusche extrem rapide schwinden. Das hat alles mehr den Charme einer alten Schlachterei, als den einer Gemeinschaftsdusche. Auf dem Flyer des Campgrounds steht "Best Value on the Delaware River for over 50 years". Genau! Ich schätze, seit dem wurde hier auch nichts mehr renoviert. Daher begnüge ich mich mit ein wenig "Katzenwäsche". Anschließend ziehe ich mir beim Campstore noch nen Kaffee und drücke mir ein paar völlig übersüßte Powerriegel rein, bevor ich gegen 9:00 Uhr Fahrt aufnehme.

Die ersten 20 Kilometer laufen gut. Kein Hügel weit und breit. Zunächste fahre ich noch ein Stück entlang des Delaware River, bevor ich zum Lackawaxen River abbiege. Bald jedoch haben mich die Hügel wieder. Was soll ich sagen. Ich glaube ich habe mich schon so an die gewöhnt, dass ich sie vermissen würde, wären sie nicht da... :-(

Habe die Grenze zu Pennsylvania überschritten, doch wieder kein Welcome Schild. So langsam werd ich traurig :-(

Das Highlight des Tages ist sicher meine Campsite am Campground am Keen Lake. Geil gelegen, absolut ruhig, schöner Blick auf den See und meine Vormieter haben mir Feuerholz da gelassen! :-)

Da ich irgendwie keine einzelnen Dosen Bier bekomme (Six Packs will ich nicht auch noch befördern), lasse ich den Tag eben wieder mit meiner Dr. Pepper ausklingen. Dazu mache ich mir noch eine Bohnenpampe, die ich jedoch unheimlich gerne unter ständigem Rühren ins nahe gelegene Donnerhäuschen kippen würde. Pfui Deibel aber auch! Aufgrund fehlender Alternativen drück ich mir das Zeug schließlich doch komplett in die Figur. Mahlzeit!

Tagesbilanz
60 km - 618 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 16:15 Uhr
Schnitt: 15,0 km/Stunde
Kaiserwetter, kaum Wind, heiß!
Übernachtung: Campground am Keen Lake, PA


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