Eigentlich wollte ich ja nur eine Nacht bei Roy & Laurie bleiben, doch komme ich am Mittwoch einfach nicht auf die Straße. Nachdem Laurie mir ein tolles Frühstück gezaubert hat, packe ich meine Klamotten und mache mein Stahlross startklar, doch dann verlieren wir uns in Gesprächen. Erstaunlich dass das mit meinem Touristenenglisch so wunderbar funktioniert. Und da der Nachmittag verfliegt, erbitte ich eine weitere Nacht asyl, was mir prompt und gerne gewährt wird. Als Roy nachhause kommt habe ich schon die Befürchtung, dass er große Augen machen wird, weil ich immernoch da bin. Doch alles ist cool und wir genießen einen weiteren schönen Abend zusammen.
Donnerstag ist dann jedoch Aufbruch angesagt. Roy & Laurie haben das Haus bereits verlassen. Somit bin ich ganz alleine in einem fremden Haus. Ist schon beeindruckend welches Vertrauen die Beiden in mich haben. Das ist mir auch bei Hank & Hilary schon aufgefallen. Wenn die wüssten, was ich für einer bin... ;-)
Danke für alles! Es war eine wirklich tolle Zeit bei Euch. Und in 6 Jahren seid Ihr herzlich willkommen! ;-)
Da ich erst um 11 Uhr loskomme und ein paar Gewitter angekündigt sind, trete ich in die Pedale. Zwar habe ich gut gefrühstückt, doch nach 25 Kilometern knurrt mir schon wieder der Magen. Welche Glück, dass ein Wendy's am Horizont auftaucht. Jamjam :-)
Frisch gestärkt geht's weiter, immer mit Blick auf die bedrohlichen Wolkenformationen. Die hindern mich jedoch nicht daran, mir in Spencer erstmal einen Eimer Eis zu gönnen. Wenn man in Deutschland an einer Eisdiele einmal Vanille und einmal Haselnuss bestellt, bekommt man genau 2 Kugeln. Hier bekommt man von jeder Sorte so viel, bis der Bottich voll ist. Und mit dem Löffeln bin ich gefühlte 45 Minuten beschäftigt. Nein, ein schlechtes Gewissen will sich einfach nicht einstellen. Ich verbrenne ja genug :-)
Am Campground im State Park angekommen, drehe ich erstmal eine Runde, um mir eine schöne Campsite auszusuchen. Natürlich nehme ich die, wo bereits sorgfältig Feuerholz hinterlassen wurde. Als ich einchecken will, kommt mir ein Typ entgegen, mit dem ich leider ins Gespräch komme. Eigentlich gleicht es mehr einem Monolog seinerseits, denn ich bin an einer Konversation wenig interessiert. Zunächst dachte ich mir nichts weiter, bis die Sammlung seiner leeren Dosen in mein Auge fällt und die Schnappsfahne mein Riechorgan befällt. Er tut sehr interessiert an meinem Fahrrad und erzählt mir, dass er auch Fahrrad fährt. Ist klar, wenn der ein Fahrrad hat, dann jedoch wahrscheinlich aus anderen Gründen. Ich solle doch mit zu ihm kommen, ich könne in seinem Vorgarten mein Zelt aufschlagen. Das wäre gar kein Problem. Jolly tritt bereits kräftig gegen die Innenseite seiner Lenkertasche. Und als ob das nicht reichen würde, fügt er noch hinzu, ich könne auch in seinem Bett schlafen, das hätte er schon mal gemacht. "Ain't a big deal".
Ohne weiter darauf einzugehen grüße ich kurz zum Abschied und mache mich auf die Socken zum Parkoffice. Ich habe nicht weiter darüber nachgedacht was er so alles vor sich hingenuschelt hat. Doch ich möchte dieses Erlebnis schnell wieder vergessen.
An meiner Campsite angekommen, sind die dunklen Wolken nicht mehr übersehbar, weswegen ich mich mit dem Aufbau meiner Behausung beeile. Just in der Sekunde, als ich alles soweit eingerichtet habe, bricht ein Platzregen los. Ich greife mir meine Regenjacke und flüchte mich unter die Bäume. Mit Schrecken muss ich zusehen, wie das gute Feuerholz nassgeregnet wird. Etwa 15 Minuten später stehe ich da, wie der begossene Pudel und will nicht einsehen, dass mein schönes Feuerchen im wahrsten Sinne ins Wasser gefallen sein soll. Schließlich hab ich mir extra noch eine 3/4 Liter Dose Coors Light mitgebracht.
Da das Parkoffice bereits geschlossen hat, sind Alternativen gefragt. Und die finde ich bei meinen Nachbarn. Fröhlich besuche ich zunächst Nachbar Nummer 1, welcher mir freundlicherweise ein Bündel Holz überlässt. Kostenfrei versteht sich. Es soll jedoch ein großes Feuerchen werden, daher wird Nachbar Nummer 2 ebenfalls besucht und auch dort ein paar Stücke abgestaubt :-)
Damit ist der Abend gerettet und ich lasse ihn zusammen mit Jolly ausklingen.
Tagesbilanz
88 km - 400 Höhenmeter
Unterwegs von 11:00 - 17:00 Uhr
Schnitt 21,2 km/Stunde
Bewölkt und windig.
Übernachtung: Campground im Robert H. Treman State Park, NY
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