Donnerstag, 31. Mai 2012

Sch... Köter!

Ein recht ereignisloser Tag. Gegen 7:30 Uhr baue ich mein Zelt ab, besuche den Nasscontainer und fahre zurück nach Dunnville, wo ich mir in einer Bar mit einer unfreundlichen Bedienung ein Frühstück gönne. 2 Wochen bin ich nun auf der Straße, doch meine Beine fühlen sich heute wieder an wie Blei. Hinzu kommt der blöde Gegenwind. Auch wenn ich im Vergleich schneller vorankomme, als im ersten Gang an einem Berg zu hängen, erscheint es mir insgesamt sehr langsam. Das mag zusätzlich aber auch an der eintönigen Landschaft liegen. Meilenweit Ackerland und Farmen.

Was mich inzwischen richtig sauer macht, sind die miesen Hundeviecher. War ich es bisher schon gewöhnt, immer wieder kläffend begleitet zu werden, so betrete ich heute die nächste Stufe der Attacken. Im Gegensatz zu den übrigen Angriffen, bei denen die Biester lärmend angestürmt kamen, an der Grundstücksgrenze jedoch stehen blieben, habe ich heute ein Exemplar, welches diese Regel nicht befolgt. Im Augenwinkel sehe ich ihn schon, wie er Kurs auf mich nimmt. Automatisch nehme ich mehr Fahrt auf, um möglichst schnell das Grundstück zu passieren. Dieses geltungsbedürftige A...loch scherrt sich jedoch einen Dreck darum und stürmt wie von der Tarantel gebissen hinter mir her. Sekundenlang hält er sich schräg rechts hinter mir. Immer wieder sprudeln diverse Beschimpfungen aus mir heraus, weil ich das einfach nicht glauben will. Zorngeladen trete ich noch mehr in die Pedalen, bis dieser Schweinehund im Graben und Gestrüpp Tempo verliert und schließlich aufgibt. Hätte ich weniger Speed drauf gehabt oder wäre am Berg gewesen, hätte er mich locker gehabt. Diese Hilflosigkeit macht mich innerlich so wütend, dass ich große Lust verspüre, dem Vieh auf brutale Art und Weise Manieren beizubringen. Ich bin inzwischen schon derart sensibilisert, dass mich jede rasche Bewegung von links und rechts in Alarmbereitschaft versetzt. Toll so entspannt durch die Lande zu radeln.

Da für morgen starken Regen und Sturmböen angekündigt sind, will ich mich für 2 Nächte in Port Dover einquartieren. Dort angekommen merke ich jedoch schnell, dass es sich um einen Touristenort handelt. Folglich sind die Preise für die wenigen Motels gepfeffert. In Downtown treffe ich auf Derek, der Manager eines kleinen lokalen Opernhauses. Superhilfsbereit nimmt er mich erstmal mit in seinen Laden, um zu schauen, was er für mich tun kann. Dabei stellt sich heraus, dass er einen deutschen Vater hat, der in Berlin aufgewachsen ist. Seine Hochzeitsreise ging letztes Jahr daher auch nach Berlin. Da gerade eine Tribute-to-Dolly-Parton Liveband spielt, nimmt er mich kurzerhand mit in den Saal und wir lauschen einige Minuten. bevor er anschließend die wenigen Motels abtelefoniert. Ich bin wirklich beeindruckt über so viel Hilfsbereitschaft. Leider tragen die Bemühungen keine Früchte, denn alle Buden rufen Preise jenseits der 120 Dollar pro Nacht aus.
Lächerlich. Ich habe mich schon damit abgefunden, dass ich wohl erstmal auf einem Campground landen werde und mein Zelt morgen im Regen abbauen darf, als ich auf ein Cafe mit offenem WLAN Hotspot aufmerksam werde. Natürlich lasse ich mir die Gelegenheit nicht entgehen und bestelle mir einen Kaffee, um den Hotspot nutzen zu können. Dabei komme ich mit den Jungs ins Gespräch. Tim kennt ein Haus um die Ecke, dessen Besitzer einzelne Zimmer auch tageweise vermietet. Einen Anruf später hat er den Deal klar gemacht und ich schaue mir mit dem Besitzer - David - die Räumlichkeit an. Naja, in Germany würden wir dazu wohl "renovierungsbedürftig" sagen. Bad/WC und Küche darf ich mir mit runtergekommenen Gestalten teilen. Preislich ist auch nichts zu machen, also was bleibt mir übrig; ich nehme die Bruchbude für 2 Nächte. Duschen werd ich wohl in Badeschlappen und die Küche bleibt für mich kalt. David zaubert mir noch ein paar vorkriegsartige Bettbezüge aus irgendeinem Mottenschrank, die ich unbenutzt zur Seite legen. Ich werde mich freiwilllig in meinen Schlafsack kuscheln.

Tagesbilanz
73 km - 150 Höhenmeter
Unterwegs von 9:00 - 15:00 Uhr
Schnitt 17,8 km/Stunde
Sonnig mit kaltem Wind, Gegenwind!
Übernachtung: Bruchbude in Port Dover, Ontaria, Kanada


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