Montag, 21. Mai 2012

Unheimliche Begegnung der dritten Art

Leider gehen meine Wünsche für einen schönen Sonnenaufgang am See nicht in Erfüllung; bedeckter Himmel. Dennoch mache ich mir ein kleines Frühstück und genieße die Szenerie.

Mein Weg führt mich danach zur Dusche, die heute deutlich sauberer ist. Dafür kosten 5-7 Minuten 25 Cents. Na die geb ich dafür doch gerne aus. Einen Quarter hab ich ja noch.
Natürlich reicht mir die Zeit nicht und so stehe ich teileingeseift, ohne Wasser und ohne Quarter da und glotze blöd den Brausenkopf an. Warum wundert mich das nicht? Nunja, kriegt eben mein Handtuch den Dreck ab.

Hatte ich schon meine Abneigung gegen Hügel kund getan? Auch heute das gleiche Bild. In der Hoffnung auf etwas "Abwechslung" nehme ich ab Carbondale eine alte, stillgelegte Bahntrasse. Hätte ich mich mal besser informiert, denn dieser Weg ist bestenfalls nur geschottert. Mit meinem Tourenesel komm ich darauf natürlich nicht voran, zumal es oftmals ziemlich grob geschottert ist und ich Angst um meine Reifen hab. Außerdem warte ich drauf, dass jeden Moment ein Serienmörder aus dem Gebüsch hüpft, denn der Weg verläuft nur durch Wald. Muß ständig an die Story von Marco und Täsch, mit den Hillbillies denken. Jolly kaut leicht panisch schon die Lenkertasche an, in der ich ihm seine persönliche Ecke freimachen musste.

Irgendwann ist auch diese Odysee vorbei und ich fahre ab Forest City wieder Straße. In Union Dale stoppe ich bei einem Tante Emma Laden, um nach einem Motel in der Nähe zu fragen. Judy, die Besitzerin, ist hocherfreut, dass sich jemand aus Deutschland in ihren kleinen Laden verirrt. Ich muss mich unbedingt in ihre Gästebuch eintragen und auf der großen Weltkarte einen Pin in meinen Heimatort stecken. Süß das Muttchen :-)
Sie gibt mir den Tipp, dass ich im "Vacation Inn" übernachten sollte. Das ist auch das einzige Motel im Umkreis. Es sieht äußerlich zwar runtergekommen aus, doch sie hat gehört, dass der Besitzer dabei ist, die Zimmer zu renovieren. Stört mich nicht. Hauptsache ein Bett, Dusche und WLAN, denn für heute reichts mir.

Ich habe Schlimmeres erwartet. Sieht von außen doch gar nicht so schlecht aus. Gut, das wäre nicht meine erste Wahl, doch für eine Nacht wird's schon passen. Dass nur ein Auto dort parkt interessiert mich nicht weiter. Habe ja keine Alternative.
Abenteuerlustig betrete ich das Office, dessen Scheiben beschlagen sind und finde mich plötzlich in meinem eigenen Film wieder. Vor mir steht Herman Munster. Abgesiffte Klamotten, Buckel und von Büro kann man nicht reden. Sein mutierter Fingernagel des Mittelfingers der rechten Hand sagt mir, ich sollte nicht hier sein. Mutig gehe ich in die Offensive und frage ihn, ob denn ein Zimmer frei ist. Sicher, die Frage war rein rhetorisch. Eigentlich hätte ich mir auch eins aussuchen können, denn die Buden sind mit Sicherheit alle frei. VHS Kassetten, dreckige Wäsche, Tapete aus den 40ern. Was der hier so treibt will ich lieber nicht wissen. Ich hätte ja gerne eine Foto von dieser Szenerie gemacht, aber ich hab mich nicht getraut. Dennoch bleibe ich mutig und lasse mir das Zimmer zeigen, obwohl Jolly lieber stehend im Wald penne würde.

Nun, mehr hab ich auch nicht erwartet, ziemlich alt eben, doch das Örtchen scheint sauber zu sein. Ein gutes Indiz. Verwirrt hat mich nur, weshalb die Bibel aufgeschlagen ist.
Da ich hier keinen WLAN Empfang habe, lasse ich mir von Rocco ein anderes Zimmer geben. Mein Blick fällt sofort auf die aufgeschlagene Bibel. Ja, an der gleichen Stelle aufgeschlagen. Nein, ich habe nicht gelesen was dort im Detail steht. Ich habe mich einfach nicht getraut!
Zu guter letzt meint er noch, dass er die ganze Nacht hier ist. Falls ein Notfall sein sollte, solle ich einfach klopfen. Eine gesteigerte Beruhigung empfinde ich nach dieser Information jedoch nicht. Nein, ich werde sicher nicht klopfen. Vorher nehme ich mein Erste-Hilfe-Päckchen und lasse mich von Jolly versorgen.

Wäsche und Tourenplanung ist angesagt. Später komme ich noch mit Rocco ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass ich ihm Unrecht getan hab. Er sieht zwar absolut verwarlost aus und seine Behausung ist nur eine Ansammlung von Müll, doch ansonsten scheint er ein ganz netter Kerl zu sein. Ich frage jedoch nicht weiter nach seinen familiären Verhältnissen, denn ich bin sicher, dass er, abgesehen von den 3 Katzen, hier alleine haust. Diese scheinen sich bei ihm jedoch recht wohl zu fühlen.


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Tagesbilanz
43 km - 542 Höhenmeter
Schnitt 13,9 km/Stunde
Bedeckt mit Schauern. Mäßiger Wind.
Übernachtung: Vacation Inn in Union Dale, PA