Freitag, 20. Juli 2012

Die letzten 4 Tage: Portland, but the story ain't over

Dienstag, 17.07.2012

Sunset am Columbia River
Hätte ich mal den Tipp von James beherzigt und mir die Ohrenstöpsel reingedrückt. Habe das Gefühl, die Züge fahren direkt durch mein Zelt. In Amerika müssen die Lokführer vor jedem Bahnübergang viermal die Sirene betätigen. Und die Jungs zelebrieren diese Pflicht. Da wird nicht viermal kurz gehupt, nein! Das muss ja auch wirklich jeder mitkrigen, dass da ein Zug fährt. Boah! Frage mich was das soll. Die Schranken sind doch geschlossen. Außerdem hört man den Zug auch ohne Sirene schon meilenweit. Da helfen echt nur noch Entspannungsübungen


Unser kostenloses Campingplätzchen

Zu allem Überluss werde ich kurz nach Mitternacht auch noch vom Regen geweckt. Regen?
Komischer Regen, der nur alle 40 Sekunden mal das Zelt trifft. Ich frage Jolly was er davon hält, doch bekomme keine Antwort. Seinen Schlaf müsste man haben.
Ich Held habe das Zelt wohl zu nah an der Sprinkleranlage aufgestellt, die hier um Mitternacht für eine Stunde anspringt. Daher darf ich nun hier liegen und den lustigen Wasserspielen lauschen.
Leicht zerknittert geselle ich mich gegen halb 7 noch zu eine Tasse Kaffee zu James & Teri und genieße anschließend noch für einige Zeit den Columbia River.

Malerische Strecke
Ross, mein heutiger Warmshower Host in Hood River hat mir gestern noch gemailt, dass ich ab The Dalles unbedingt den alten Columbia River Highway fahren soll. Der wäre zwar ein wenig hügeliger, doch schöner zu fahren, als die Interstate.
Bis nach The Dalles fahre ich noch Interstate, die hier jedoch traumhaft verläuft. Links schroffe Abbruchkanten und rechts der Columbia River. Außerdem wandle ich hier auf den Spuren von Lewis & Clark. Also wieder einmal auf historischen Spuren unterwegs.


Der Mt. Hood aus östlicher Richtung
Und irgendwann taucht er imposant vor mir auf: der Mt. Hood. Mit 3425 Metern ist er der höchste Berg Oregons. Und wie man sieht, ist dort das ganze Jahr Skisaison.

(Fast) Kein Ritt auf der Interstate ohne einen Platten. Weshalb sollte das heute anders sein. Kurz vor The Dalles fange mir doch tatsächlich noch ein prächtiges Stück Draht in meinem Vorderreifen ein. Da meine Abfahrt von der Autobahn jedoch nicht weit entfernt ist, lasse ich den Draht stecken und humple bis zu einer Tankstelle, wo ich mich mal wieder ans Reifen wechseln mache. Der Draht war für den "Green Slime" wohl zu dick, anders kann ich mir das Versagen des Wunderkleisters nicht erklären.

Der Beginn des Scenic Byway
Offensichtlich habe ich beim Reifenwechsel nicht gründlich genug den Mantel abgesucht, denn bereits einige Kilometer später wird es schon wieder schwammig auf der Vorderachse. Das darf doch wirklich nicht war sein! So langsam verliere ich die Lust an diesem Spiel. Da der Reifen jedoch nur langsam die Luft von sich gibt und Hood River nicht allzuweit entfernt ist, entscheide ich weiterzufahren und alle paar Kilometer wieder aufzupumpen. Leider ist Entfernung relativ, vor allem in einer bergigen Region. Was eine Odysee.



Wir haben Spaß
Ron hat nicht zu viel versprochen. Der alte Columbia River Highway ist wirklich deutlich schöner als die Interstate und auch deutlich bergiger. Als Teilinvalide mit halb aufgepumpten Reifen erfordert die Strecke jedoch erhöhte Kraftanstrengung. Was bin ich froh, dass sich die Sonne hinter Wolken versteckt.
Immer wieder werde ich von Rennradfahrern überholt. Komme mir vor wie ein alter Unimog, der voll beladen und nur auf 3 Töpfen den Berg hochrobbt, während er von schnittigen Sportwagen überrundet wird. Ich schiebe diese lächerliche Metapher jedoch unmittelbar wieder zu Seite, denn dieser Vergleich hinkt! Mein Ego nimmt daran also keinen Schaden.

Ross wohnt mit seiner Tochter in einer ruhigen Gegend von Hood River. Schön gelegen und ein sehr geräumiges Haus. Ich bekomme sogar meine eigene Garagenwohnung. Traumhaft.
Zu dritt fahren wir noch einkaufen. Unterwegs halten wir bei einem Freund von Ross, der zusammen mit seiner Frau einen Mediterranen Laden betreibt. Zu meiner Überraschung stellt sich heraus, dass es Deutsche sind. Vor über 10 Jahren sind sie aus Garmisch-Partenkirchen hierher ausgewandert. Nebenbei erfahre ich, dass es in Hood River sogar sowas wie eine deutsche Community gibt.
Zum Tagesabschluss zaubert uns Ross noch lekckere Pasta, bevor ich mich in mein Reich verabschiede und ziemlich gerädert in die Waagerechte gehe.


Mittwoch, 18.07.2012

Ross hat mir gestern bereits angeboten, dass ich gerne einen weiteren Tag hier bleiben kann. Und da mein Rad ja eine kleine Generalüberholung benötigt, nehme ich das Angebot gerne an.


Donnerstag, 19.07.2012

Frühstück am Herman Creek
Die letzte Etappe, bevor ich in Troutdale, vor den Toren von Portland, noch einmal Quartier beziehe. Bei einem Kaffee verabschiede ich mich von Ross, der mir noch ein Breakfast Burrito mit auf den Weg gibt. Thanks a lot Ross! I enjoyed the stay at your home and your delicious meals. :-)

Zunächst geht es wieder ein paar Meilen auf die Interstate, bevor ich erneut auf den alten Columbia Highway abbiege, wo drei schöne Wasserfälle auf mich warten.


Beim ersten bin ich noch gänzlich ungestört, was auch nicht weiter verwunderlich ist, denn dieser Teil Scenic Byway ist nur für Fahrräder und Fußgänger freigegeben. Von Wasserfall kann man jedoch eigentlich nicht reden. Dafür ist es sehr idyllisch, weswegen ich auch ein bischen Zeit hier verbringe. Alles ist extrem grün, Farne wachsen zwischen den Bäumen und Moos hängt an Steinen und Bäumen, was darauf hindeutet, dass es in diesem Teil von Oregon hin und wieder mal regnet. Der Stopp gibt mir die Gelegenheit, mal mein Stativ auszupacken, was ich bereits tausende von Kilometern quer durch's Land geschleppt habe. So kann ich mal ein wenig mit der Belichtungszeit spielen.



Bei meiner Weiterfahrt staune ich nicht schlecht, als mir plötzlich ein Treppenaufgang in den Weg springt. Was soll das denn bitte? Hier war wohl jemand zu faul, einen Weg zu bauen! Da ich mich von sowas doch nicht aufhalten lässt, wuchte ich mein Reisegerät die Treppe hoch. Gütigerweise haben sie eine Rinne für die Fahrradreifen vorgesehen, was das Unterfangen etwas erleichtert.


Die Horsetail Falls
Bei den zweiten Fällen, den Horsetail Falls, ist schon ein wenig mehr Rummel, allerdings noch überschaubar.
Bei den dritten und wohl berühmtesten Fällen, den Multnomah Falls, ist dann jedoch so viel Andrang, dass kein Parkplatz zu bekommen ist, was mich ja nicht weiter stört. Allerdings sind die Pilgerfahrten hier überhaupt nicht meine Welt. Leider bin ich auch zu falschen Tageszeit hier, sodass die Fälle im Schatten liegen.
Naturgemäß halte ich mich nicht übermäßig lange hier auf, sondern nehme die letzten Meilen bis nach Troutdale unter die Räder, wo ich im örtlichen "Jack in the box" meinen Kalorienhaushalt ins Gleichgewicht schieße.


               


Freitag, 20.07.2012

Von Troutdale sind es nur noch wenige Meilen bis zu David & Lauren. Da das hier schon der Großraum Portland ist, fahre ich nur noch durch bewohntes Gebiet. Das ist in Portland jedoch nicht schwierig, immerhin bin ich in der fahrradfreundlichsten Stadt der USA. So gibt es hier also jede Menge Biketrails und gekennzeichnete Fahrspuren für Radfahrer, was die ganze Sache natürlich erheblich erleichtert.

Da die Beiden noch nicht zu hause sind, haben sie mir den Schlüssel unter die Fußmatte gelegt und in der Küche einen "Welcome Oliver" Zettel hinterlassen. :-)
Schon ziemlich ungewohnt, sich in einem fremden Haus aufzuhalten, wenn die Besitzer noch nicht mal da sind. Ich finde, daran erkennt man aber, was ich für ein vertrauenswürdiges Individuum bin! Bin mal gespannt, ob ein Nachbar die Cops verständigt...

Abends zaubert Lauren noch ein wahrhaft leckeres Dinner und wir schmieden Pläne, wie wir mein Bike einfach und kostengünstig nach Deutschland kriegen. Die Hilfsbereitschaft ist wirklich unglaublich. Morgen werde ich ne Runde durch Downtown Portland drehen und am Sonntag beginnt dann endgültig der letzte Teil der Reise.



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